18.04.2016
Holger Jansen und Ralph Hintz bei Bürgerbusanhörung im Kieler Landtag

Im Kieler Landeshaus tagte der Wirtschaftsausschuss und hörte Experten zum Thema Bürgerbus an. Foto: Dr. Holger Jansen/Projekt Bürgerbusse Schleswig-Holstein Bürgerbusse spielen in Schleswig-Holstein bisher eine geringe Rolle. Mit einer mündlichen Anhörung wollte der Wirtschaftsausschuss des Landtags in Kiel jetzt erkunden, warum dies so ist. Liegt das nur an der fehlenden Förderung – oder gibt es noch andere Gründe? Als Sachverständige aus dem Beratungsprojekt Bürgerbusse Schleswig-Holstein waren Projektleiter Dr. Holger Jansen und Ralph Hintz zu Gast in Kiel. "Die Konflikte sind klar geworden", lautet die Bilanz von Dr. Holger Jansen. Ralph Hintz ergänzt: "Der künftige Weg für Bürgerbusse in Schleswig-Holstein ist für mich noch nicht erkennbar." Es liegt also noch viel Arbeit vor den Abgeordneten, um die Interessen der verschiedenen Akteure zusammenzubringen.

Grundlage für die Anhörung war der Antrag der Piratenfraktion auf Landtagsdrucksache 18/2623 vom Januar 2015. Zunächst fand ein schriftliches Verfahren statt, jetzt lud der Ausschuss zur mündlichen Anhörung an die Förde. "Ein Bürgerbus hat für uns drei Voraussetzungen: Es muss einen Verein geben, eine Kooperation mit dem Verkehrsunternehmen und eine Genehmigung nach § 42 Personenbeförderungsgesetz", betonte Heike Prechel, die als Vorsitzende des Bürgerbusvereins im nordfriesischen Ladelund engagiert ist. Damit zieht Prechel allerdings eine Grenze, die es in der Realität gar nicht gibt. Der Begriff "Bürgerbus" ist weder im Gesetz definiert, noch gilt es Markenrechte oder andere Ansprüche zu beachten.

Am Zentralen Omnibusbahnhof in Leck (Kreis Nordfriesland) kann zwischen dem Bürgerbus Ladelund (im Vordergrund) und dem Linienbus umgestiegen werden. Foto: Dr. Holger Jansen/Projekt Bürgerbusse Schleswig-Holstein Heike Prechel vertrat gemeinsam mit Beate Burow vom Bürgerbusverein Fehmarn die Arbeitsgemeinschaft "pro bürgerbus schleswig-holstein", die keinen eigenen Vertreter entsandt hatte. Der Bürgerbusverein auf Fehmarn ist seit 1998 aktiv. Unterschiede bestehen dort vor allem im Sommer- und Winterbetrieb. Im Sommer wird im festen Linienverkehr gefahren, im Winter nur auf telefonische Vorbestellung.

Bei möglichen Standards für Bürgerbusse setzt der Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein. Ein Bürgerbus soll bestimmte Elemente erhalten, damit er für den Fahrgast wiedererkennbar ist. Welche Merkmale das sind werde derzeit abgestimmt, sagte Petra Coordes, die als Prokuristin die Position der Landesgesellschaft im Wirtschaftsausschuss vertrat. Auch die Integration in den landesweiten Tarif spiele eine Rolle und werde diskutiert.

Während im Norden noch diskutiert wird, gehen in anderen Bundesländern neue Bürgerbusse an den Start. So konnte in Rheinland-Pfalz die Zahl der fahrenden Bürgerbusse von sieben Anfang 2010 auf inzwischen 41 gesteigert werden. "Wir haben große Unterstützung von den jeweiligen Verbandsgemeinden", berichtet Bürgerbusprojektleiter Dr. Holger Jansen im Wirtschaftsausschuss in Kiel. Inzwischen sei im Südwesten die kritische Masse erreicht – für fast jeden lokalen Wunsch gebe es schon eine Lösung, das Interesse sei ungebrochen.

"Wir holen die Fahrgäste an der Haustür ab, bringen sie zum Ziel und befördern sie wieder sicher nach Hause", berichtete Ralph Hintz den Abgeordneten. Der gebürtige Ahrensburger leitet seit 2012 die Bürgerbusgruppe aus etwa 25 Personen in Langenlonsheim. Der Bürgerbus an der Nahe erreicht inzwischen rund 200 Stammkunden. "Meistens sind es Kundinnen", ergänzt Hintz.

Wie können Bürgerbusse mit dem normalen Linienverkehr verknüpft werden? Auch das war ein Thema bei der Anhörung im Kieler Landtag. Foto: Dr. Holger Jansen/Projekt Bürgerbusse Schleswig-Holstein "Ob Sommer oder Winter, ob mit Personenbeförderungsgesetz oder ohne – entscheidend ist doch, dass sich für die Menschen etwas verbessert“, meint Dr. Holger Jansen. Ausgangspunkt für eine Bürgerbusberatung vor Ort muss immer der lokale Bedarf sein. Der Bürgerbus in Ladelund ist ein Weg, aber in anderen Ämtern im Norden kann es darum gehen, viele kleine Dörfer mit einem zentralen Ort zu verbinden. Ein fester Linienverkehr wäre dann ungeeignet. Und wenn die Fahrgäste nicht mehr den Weg zur Haltestelle schaffen? Dann bietet sich der Transport von Haustür zu Haustür an. Rechtliche Freiräume seit 2013 erleichtern die Arbeit für den Bürgerbus.

Jetzt liegt es an den Abgeordneten, über die nächsten Schritte im Themenfeld Bürgerbus zu entscheiden. Eine verlässliche finanzielle Förderung gibt es für ehrenamtlich organisierte Fahrdienste im Norden bislang nicht. Die bestehenden oder neuen Initiativen haben mit viel Ausdauer Förderungen im Einzelfall von Land, Kreis, Gemeinde oder der Aktiv-Region erhalten.

Lesen Sie hier mehr:
Bericht beim Landtag Schleswig-Holstein zur Anhörung (externer Link)
Die Dokumente zum Antrag 18/2623 finden sie im Landtags-Informationssystem (externer Link)

Sie haben eine Frage zum Thema Bürgerbus in Schleswig-Holstein?
Dr. Holger Jansen und Ralph Hintz sind weiter zum Thema Bürgerbus in Schleswig-Holstein unterwegs. Die aktuellen Daten finden Sie in der Rubrik Kontakt