17.01.2018
Steinbergkirche: Aus für hausärztliche Versorgung im Ort

Ein Bürgerbus vor einer Arztpraxis - hier eine Zahnarztpraxis - ist in Berkenthin (Kreis Herzogtum Lauenburg) seit dem 6. Dezember 2016 Alltag. Den Patienten hilft das sehr. Wie es in Steinbergkirche mit der ärztlichen Versorgung weiter gehen wird steht derzeit noch nicht fest. Archivbild: Dr. Holger Jansen/Projekt Bürgerbusse Schleswig-Holstein/Agentur Landmobil Mobilität ist in fast jeder Veranstaltung im ländlichen Raum ein Thema. Und weite Teile in Schleswig-Holstein sind ländlich geprägt. Ein Beispiel aus Steinbergkirche im Kreis Schleswig-Flensburg zeigt wieder einmal mehr, wie sich das Leben auf dem Land aktuell verändert. Zwei Allgemeinärzte gab es noch im Ort. Eine Praxis hat im Dezember 2017 endgültig geschlossen, eine Ärztin wird voraussichtlich nur noch bis Februar 2018 praktizieren. Handlungsbedarf besteht für Kommunalpolitik in Gemeinde, Amt und Kreis. Aber welche Möglichkeiten bestehen überhaupt?

Steinbergkirche im Amt Geltinger Bucht ist als ländlicher Zentralort eingestuft. Ein niedergelassener Arzt und eine weitere angestellte Ärztin aus einer Praxis in einem Nachbarort stellten bisher die hausärztliche Versorgung für die rund 2.800 Einwohner sicher. Im Februar 2018 wird es keinen Allgemeinarzt mehr in Steinbergkirche geben. Dabei ist hausärztliche Versorgung ein wichtiger Standortfaktor. Gerade für ältere Menschen und für Personen mit eingeschränkter Mobilität ist wohnortnahe Versorgung besonders wichtig.

Wie ist bei dem Thema "Ärzte auf dem Land" die Rechtslage? Den Sicherstellungsauftrag hat die Kassenärztliche Vereinigung (KV). Sicherstellungsauftrag heißt, dass eine wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung mit ambulanter medizinischer Betreuung zu gewährleisten ist. Von Unterversorgung kann in Steinbergkirche sicher noch keine Rede sein. Aber eine Fahrt von mehreren Kilometern zu Allgemeinärzten in die Nachbarorte ist für einen Ort mit solider vierstelliger Einwohnerzahl nicht optimal.

"Die Zeit drängt", stellt auch die Kassenärztliche Vereinigung in einer Pressemitteilung zum Thema Landärzte fest. In Schleswig-Holstein hat diese Einrichtung ihren Sitz in Bad Segeberg. Mehr als ein Drittel der landesweit knapp 2.000 Hausärzte ist derzeit 60 Jahre oder älter. Ausreichend Nachwuchs ist nicht vorhanden: In 2016 gab es in Schleswig-Holstein nach Angaben der KV nur 54 Facharztanerkennungen für die Allgemeinmedizin. Dabei besteht in den nächsten Jahren ein deutlich dreistelliger Ersatzbedarf.

Hans-Walter Spindler ist niedergelassener Allgemeinarzt in Langenlonsheim. Spindler war Interviewpartner bei der Bürgerbusausstellung, die im Sommer 2015 in Rheinland-Pfalz eröffnet wurde. Foto: Markus Schöllhorn/Agentur Lichtblicke. Text und Idee: Dr. Holger Jansen/Projekt Bürgerbusse Rheinland-Pfalz und Bürgerbusse Schleswig-Holstein Die rechtlichen Bedingungen für niedergelassene Ärzte sind in den letzten Jahren deutlich flexibler geworden. Die Tätigkeit in Anstellung oder in einem Medizinischen Versorgungszentrum ist möglich. Ansätze, mit denen auch in Steinbergkirche um die Nachfolge geworben wird. Doch das alles nützt wenig, wenn es entweder zu wenig Ärzte mit der notwendigen Qualifikation gibt oder diese nicht bereit sind, im ländlichen Raum zu praktizieren. Ein Problem, das auch in Schleswig-Holstein nicht mehr bestritten werden kann.

Der Bürgerbus hat beim Thema Gesundheit einen Stellenwert. Etwa 40 Prozent der Fahrten führen zum Arzt, die anderen zum Einkaufen, zum Friseur, zur Physiotherapie oder anderen Dienstleistern. Der Bürgerbus macht manchen Hausbesuch für die Ärzteschaft entbehrlich, denn die Patienten kommen wieder gut und sicher in die Praxis. Auch für den Arzt ist es ein gutes Gefühl, wenn Patienten bei der Bürgerbusgruppe für die Fahrt in guten Händen sind. Wie dies erfolgreich funktionieren kann zeigt der Bürgerbus in der Stecknitzregion im Amt Berkenthin (Kreis Herzogtum Lauenburg).

Doch zurück nach Steinbergkirche: Wie es weiter geht mit der hausärztlichen Versorgung vor Ort ist derzeit noch nicht klar. So werden von der Politik Unterschriften gesammelt und Werbeplakate für Ärzte aufgehängt. Bleibt zu hoffen, dass eine Versorgung im Ort bald wieder möglich ist und die Fahrt zum Arzt in die Nachbarorte die Ausnahme für einen kurzen Zeitraum bleibt.

Bild links unten: Hans-Walter Spindler ist niedergelassener Allgemeinarzt in Langenlonsheim. Spindler war Interviewpartner bei der Bürgerbusausstellung, die im Sommer 2015 in Rheinland-Pfalz eröffnet wurde. Foto: Markus Schöllhorn/Agentur Lichtblicke, Mainz. Text und Idee: Dr. Holger Jansen/Projekt Bürgerbusse Rheinland-Pfalz und Bürgerbusse Schleswig-Holstein

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